Als ich ein kleiner Junge war, war ich mit meinen Eltern viel unterwegs, hauptsächlich an Wochenenden für Skirennen. Zu meiner Zeit war es noch üblich, dass man dann um die Mittagszeit in das Restaurant stürmte, um vor dem Fernseher den besten Platz zu ergattern, um dann den Schweizern Weltcupfahrern wie Didier Cuche, Daniel Albrecht, Marc Berthod oder Ambrosi Hoffmann die Daumen zu drücken und auf einen Schweizer Sieg zu hoffen. Da entfachte in mir mein 'Bubentraum', dies auch mal zu erreichen; dass andere vor dem Fernseher sitzen, und ich im Fernseher erscheine und sie mir zujubeln...

Ich machte mich an die Arbeit, besuchte Sportschulen, verzichtete auf einiges, fokussierte mich auf meinen Traum. Und durfte viele schöne Erfolge feiern, zuerst auf regionaler, dann auf nationaler Ebene, später an FIS-Rennen, an Europacups. Nach dem Juniorenweltmeistertitel 2012 war es am 15. März 2012 endlich so weit: Mein Idol Didier Cuche fuhr in Schladming sein letztes Weltcuprennen und ich kam zu meinem Weltcup-Debut. Ich wusste, der Tag, auf den ich so lange gewartet habe, ist gekommen, das Ziel ist erreicht und nun startet eine spannende und lange Reise. Und das war es dann auch! 
In den letzten Jahren erlebte ich so viel, hatte so viele Höhepunkte, aber auch Tiefschläge und durfte so viel über mich selber lernen. So viele spannende Menschen durfte ich auf meinem Weg kennenlernen und so viele Menschen begleiteten mich auf diesem Weg, vielen lieben Dank! 

Ein Höhepunkt war sicherlich der 10. Platz in Wengen. Das vor Heimpublikum, das war einfach unglaublich - vielen lieben Dank an die ganzen Fans, ihr macht den Sport einfach so unbeschreiblich schön und einzigartig und es sind schlussendlich diese Momente, auf die wir Athleten hinarbeiten und die auch dann in Erinnerung bleiben werden - für immer! 
Ein weiterere, für mich sehr spezieller Moment, war auch, als ich in St. Moritz beim Weltcupfinale den Super-G mit Startnummer 1 eröffnen durfte. Ich wusste, ich gehöre zu den besten 25 Skifahrern der Welt und die ganze skifanatische Schweiz schaut mir jetzt zu. Ich erinnnerte mich zurück an die Zeit, als ich noch ein kleiner Junge war und genau von diesem träumte - es war für mich persönlich sehr sehr speziell und ich genoss diesen Tag so! 
Man wird älter, hat Höhen und Tiefen und irgendwann kommen Gedanken, die man sich nie hätte vorstellen können, dass sie kommen. Aber auf einmal sind sie da. Man fragt sich, ob es die letzte Saison sein wird. Ob man das letzte Mal an einen Ort anreist... 

Schon in der letzten Saison habe ich mir ein Ultimatum gestellt: Mit dem Fixplatz sagte ich zu mir, dass ich es nun entweder den Schritt im Weltcup schaffe, oder sonst wars das für mich. Dann kam eine Verletzung dazu - Bandscheibenvorfall. Es war richtig zäh, emotional, psychisch, körperlich. Aber ich sagte mir, dass ich nun nochmals einen Sommer vollgas gebe, alles reinhänge. Und das tat ich auch! 
Ich denke, dass man dies im Team auch gespürt hat, dass ich mich quälte, mein persönliches Limit suchte und meinen wahrscheinlich anstrengendsten Sommer hatte. Es war hart, wieder beschwerdefrei zurückzukommen und vor allem direkt wieder auf das Leistungsniveau wie davor zu kommen. Aber ich denke, ich habe es geschafft und stand im Herbst dann richtig gut da. 

Dann ging aufgrund von Rennabsagen mit etwas Verspätung die Saison los und im Verlauf dieser Saison musste ich mir eingestehen, dass es einfach nicht reicht und dass ich auch im Kopf nicht bereit war, den nächsten Schritt zu machen, den es benötigen würde. Die Zieleinfahrt in Wengen war für mich dann sehr emotional, denn ich wusste, dass es das war und dass meine Zeit nun gekommen ist. Ich nahm mir länger Zeit als sonst, genoss es nochmals mit den Fans, das letzte mal auf dieser Seite der Bande zu stehen. 
Ich wusste, dass ich nach Hause gehen würde, es meiner Freundin mitteile, dass es das war. Dies war allerdings dann schlussendlich nicht einfach, es war sehr emotional. Es ist nicht nur ein Jobwechsel, es ist ein ganzes Leben, das sich nun ändern wird. 
Das Rennwochenende in Kvitfjell wird das letzte Weltcup-Wochenende für mich als aktiver Weltcupabfahrer sein und ich gebe hiermit meinen Rücktritt auf Ende Saison 2023/24.

An dieser Stelle möchte ich mich herzlichst bei meinen Eltern bedanken, welche mich in den jungen Jahren so unterstützt haben und so viel gemacht haben. Dann meiner aktuellen Familie, den ganzen Wegbegleitern, die immer an meiner Seite waren. Dank all den Sponsoren, welche mich schon über Jahre begleitet haben, auch wenn in den letzten Jahren die Resultate nicht immer so waren, wie ich mir das vorstellte - dafür werde ich immer dankbar sein! Dann aber auch den ganzen Ausrüstern, allen voran HEAD, welche immer top Material zur Verfügung gestellt haben. 

Dann natürlich auch dem ganzen Apparat von Swiss-Ski, den ganzen Trainern, Serviceleuten, Physiotherapeuten, allen Menschen im Büro... es sind so viele Menschen, die im Hintergrund für uns Athleten tätig sind. Danke meinen ganzen Wegbegleitern und Schweizer Fans - Dank euch war es so einzigartig und so genial! 

Nun freue ich mich auf die letzten Tage mit dem Team und dann nach meiner Rückkehr auf die Zeit mit meiner Familie, welche ich nun so geniessen werden. 

Machets guet, Ralph

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